Marienehe (OZ) – „Wenn die Küche schlecht ist, ist auch die Stimmung schlecht.“ – Wam Kat, niederländischer Friedensaktivist, steht in dem matschigen Gelände, wo in den nächsten Tagen sein Arbeitsplatz entsteht. Kat weiß um die Bedeutung seiner Aufgabe. Unzufriedene und hungrige Demonstranten könnten eher für
die Aktionen sorgen, die auch der 51-Jährige nicht möchte. In zwei Tagen kommt seine mobile Küche „Rampenplan“, übersetzt Katastrophenschutz, aus dem niederländischen Sittard in Rostock an.
Neudeutsch heißt die Versorgung kleinerer und größerer Menschengruppen heute „Catering“. Ende der 70er-Jahre entstanden in der linksalternativen Bewegung die so genannten „Volxküchen“. Kats niederländische und eine weitere belgische übernehmen die Versorgung der erwarteten 5000 Anti-G8-Camper auf dem Grenzschlachthof in Marienehe. Neun weitere „Camp-Küchen“ entstehen in Reddelich, eine aus England, eine weitere aus den Niederlanden und einige aus dem im Anti-Atomprotest erprobten Wendland.
Serviert wird bei Wam Kat vegane, also komplett fleischlose Kost. Natürlich alles „Bio“ und ökologisch korrekt oder fair gehandelt wie der Kaffee. Gelebte Globalisierungskritik auch dies: „Wir kaufen die Produkte so weit es geht in der Region. Die soll
ja auch etwas davon haben.“ Seit 14 Tagen hängen Wam Kat und seine Mitstreiter an den Telefonen, um Lieferanten zu finden, seit einigen Tagen sind sie direkt in ganz MV unterwegs. Der Markt gibt allerdings nicht so viel her wie die „Volxküchen“ brauchen.
„Die Menge, die wir benötigen gibt es hier aber nicht“, bietet der Holländer jedem Bio-Bauern und Bio-Bäcker an, ihm Gemüse und Sonstiges abzukaufen. Kats Mobiltelefon klingelt. Schnell macht er noch eine Lieferung klar und strahlt dabei. Auf dem Gelände selbst stehen nur einige Kisten mit Brot, ein großer Teil der Waren lagert beim Großmarkt.
Wam Kat ist seit 26 Jahren im Geschäft, kochte auf Kirchentagen, in Flüchtlingslagern im ehemaligen Jugoslawien oder ist regelmäßiger Küchenchef bei den Castor-Transporten rund um Gorleben. Eine Größenordnung wie zum G8-Protest erlebt er aber auch nicht jeden Tag. Bei 13 000 Gipfel-Gegnern in den Camps werden täglich 4000 Biobrote gebraucht, 1,5 Tonnen Gemüse verarbeitet und morgens 10 000 Tassen Kaffee ausgeschenkt. 20 Kochtöpfe, der kleinste mit 200 der größte mit 600 Litern, müssen allein in Rostock täglich gefüllt werden.
30 bis 40 Helfer aus vielen Ländern beschäftigen sich damit, das Gemüse zu schnippeln. Wam Kat: „Wir wollen so wenig Strom wie möglich verbrauchen.“ Alle Freunde, die Erfahrungen in Großküchen haben, kommen mit nach Rostock. Die Bezahlung der Mahlzeiten erfolgt auf Spendenbasis. „Wir sagen, was jedes
Gericht kostet“, sagt der Küchenchef und jeder entscheidet dann selbst. Wam Kat und sein Team wollen aber auch über das Camp hinaus wirken. Mögliche Blockierer am Zaun in Heiligendamm oder sonstwo beliefert er mit Tee und Kaffee. „Das ist unsere Art, zur Deeskalation beizutragen.“
THOMAS NIEBUHR