KURORTENTWICKLUNG: Der Toleranztest
Die Anschlagsserie der noch immer nicht ermittelten Neonazis in Bad Belzig hat das Klima in der Stadt veraendert. Die Taten haben Wut, Trauer und Fassungslosigkeit ausgeloest und die Fragen aufgeworfen: Wie konnte das passieren? Was geschieht als naechstes? Wie kann man rassistische Gewalt verhindern?
Laengst vergessen schienen die brutalen uebergriffe der 1990er-Jahre. Belzig machte damals bundesweit traurige Schlagzeilen als braune Hochburg. Rechtsradikale pruegelten den Marokkaner Belaid Bayal ins Krankenhaus, der spaeter an seinen schweren Verletzungen starb. Es war der traurige Hoehepunkt einer Welle von Gewalt, die die Kurstadt ueberrollte.
Die engagierten Organisatoren des Belziger Forums, die auch die interkulturelle Begegnungsstaette Info-Cafe ins Leben riefen, waren selbst zahlreichen Anschlaegen und Anfeindungen ausgesetzt. Doch sie hielten durch und machten unbeirrbar weiter. Unterstuetzung erhielten sie von den zahllosen Buergern und vielen Volksvertretern, die dem schlimmen Treiben schliesslich ein Ende setzten. Buergersinn gegen Brutalitaet, Argumente gegen dumpfe Parolen. Lange galt Belzig dann als friedliche und relativ tolerante Stadt. Das war bis vor zwei Wochen.
„Geht es nun wieder los?“, fragen sich jetzt viele besorgte Buerger. Sie wollen es nicht hinnehmen, dass in ihrem Ort Menschen mit anderer Hautfarbe in Angst vor Angriffen und koerperlicher Gewalt leben muessen, dass vermutlich nur einige wenige irregeleitete Schlaeger die hohen Gueter der buergerlichen Freiheit aufs Spiel setzen und damit zudem den Ruf eines ganzen Gemeinwesens ruinieren.
Bad Belzig lebt als werdende Kurstadt von Toleranz und Offenheit, von Vielfalt und der Gastfreundschaft. Werden diese Werte nicht wirklich im Alltag gelebt, kann das Kurortkonzept nicht aufgehen, das sollte jedem klar sein.
Der Stadtverordnete Wam Kat hat es wunderbar auf den Punkt gebracht. Die Scheiben des Info-Cafes „Der Winkel“ in der Strasse der Einheit werden zeigen, wie tolerant Bad Belzig wirklich ist, hatte er kuerzlich in einem MAZ-Interview gesagt. Wie wahr.