Friedensarbeit ueber Datennetze

E-Mail im Balkan

Grenzenlose Kommunikation fördert den Frieden. Wo frei geredet und verhandelt wird, dort werden zumeist noch keine Menschen umgebracht. Mit diesen edlen Zielen haben die Aktivisten vom ZaMir- Netzwerk die zersplitterten Regionen Ex-Jugoslawiens erfolgreich vernetzt.

Auch in der belagerten bosnischen Hauptstadt Sarajewo haben mittlerweile neben Hilfsorganisationen und Friedensaktivisten auch alle anderen Computerbesitzer mitgekriegt, wie sie zum Ortstarif global dabeisein können – wenn durch einen seltenen Glücksfall ein funktionierendes Telefon, elektrischer Strom und ein Computer zur gleichen Zeit und am gleichen Ort zusammentreffen. In ganz Bosnien trotzen mehr als 500 virtuelle Bewohner des Internet der serbischen Kommunikationssperre.

Das "ZaMir"-Netz verfügt drei Jahre nach den ersten Gehversuchen mit einem Laptop in Belgrad über Computer und Telefonanschlüsse in allen Republiken im ehemaligen Jugoslawien. In den Sprachen der Kriegsparteien, auf kroatisch, serbisch und bosnisch heißt za mir "für den Frieden". Das Netz ist mittlerweile eine zuverlässige Infrastruktur, die den Frieden schon während des Krieges vorbereitet.

Da mensch seit dem Krieg von Zagreb nicht mehr nach Belgrad und von Belgrad nicht mehr nach Sarajevo telefonieren kann, liegt der Knoten, der das store-and-forward-Netz ZaMir zusammenhält, im zivilisierteren Ostwestfalen, in Bielefeld – in der BIONIC.

Der Krieg hat die Telefonleitungen in der ganzen Region stark geschädigt, in Bosnien ist der Postdienst unterbrochen, die Presse wird in ganz Ex-Jugoslawien gegängelt. Und selbst dort, wo die Waffen gerade wie zwischen Belgrad und Zagreb schweigen, steht der Wiederaufbau erst seit Anfang des Jahres zumindest offiziell auf der Tagesordnung. Die Durchführung ist erst einmal aus politischen Gründen vertagt.

Die Medien sind benutzt worden, um die Leute gegeneinander aufzuhetzen. Mit dem Netzwerk wird ein alternatives Medium geschaffen, das die Leute wieder zusammenbringen soll. Zur Zeit arbeitet Eric Bachman daran, innerhalb von ZaMir ein Netzwerk für unabhängige Zeitschriften und Zeitungen zwischen den ehemals jugoslawischen Republiken aufzubauen.

In der bosnischen Hauptstadt, wo man Papier nur unter äußersten Schwierigkeiten kaufen kann, gibt es zur ZaMir keine Alternative. "Auch die Hilfsorganisationen brauchen unsere Information. Die treten sich doch jetzt schon auf den Füßen herum", weiß Wam Kat, Friedensarbeiter und E-Mail-Pionier in Zagreb, dessen englisches Tagebuch in der Netz-Gemeinde ein Lesetip nicht nur für Balkan-Interessierte ist.

Wam Kat's Tagebuch und einige andere Beiträge aus dem ZaMir-Netz sind regelmäßig in den Internet-Newsgroups soc.culture.yugoslavia, soc.culture.croatia und soc.culture.bosna-herzgvna zu finden.

 

Martin Virtel <m.virtel@bionic.zerberus.de>

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