ZAGREB-Tagebuch im Datennetz (Bazi9321)

## Nachricht vom 01.06.93 weitergeleitet
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                    ZAGREB-Tagebuch in Datennetzen
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Report about Wam Kat's diary in telecom networks about war and
peace in exYugoslawia. Written as BAZILLUS9321, a weekly column=

Ilmenau, 2.Juni 93 (e.mp/wh) – Seit ueber einem Jahr erscheint ein
elektronisches Kriegstagebuch aus dem ehemaligen Jugoslawien fast
tagesaktuell am Datennetz. "Fast" meint: die Tagebuchnotizen,
geschrieben am 26. Mai in Zagreb, waren am 27. schon in deutschen
Mailboxen (elektronischen Briefkaesten) zu lesen. Auch in Ilmenau
in Thueringen gibt es das. Der Verein fuer Kulturelle Koordination
(KUKO)  betreibt eine Mailbox mit Unterstuetzung der Universitaet.

 

Der Autor des Zagreb-Tagebuches ist Wam Kat, ein hollaendischer
Pazifist. Er ging vor ueber einem Jahr nach Jugoslawien und
engagiert sich seither vor Ort fuer den Frieden.
"Ich schreibe dieses Tagebuch", sagt er, "um zu erklaeren, was es
bedeutet, in einer Stadt im Krieg zu leben, was man sieht und hoert
in den Kneipen, in den Zeitungen, auf den Strassen und im Fernsehen".

Er versucht dabei, so neutral zu bleiben, wie er kann. Bereits
1977 setzte sich Wam in seiner Doktorarbeit damit auseinander,
welche Konsequenzen die schon damals absehbare massenhafte
Verbreitung von Datentechnik und Kommunikation haben wird.
Er nutzte Computer gezielt als Werkzeug. Am 24. Juli 1992
notierte er in seinem Tagebuch:

> "Was neu ist im ehemaligen Jugoslawien, ist die Rolle der
> elektronischen Netzwerke: GreenNet, PeaceNet usw. Noch nie
> haben elektronische Netzwerke im Aufbau von Graswurzel-Hilfs-
> Aktionen eine solche Rolle gespielt wie in diesem Krieg.
> durchbrechen die ueblichen Schranken, die der Krieg mit
> sich bringt.
> Normalerweise ist die Friedensbewegung durch ihre grossen
> Demonstrationen bekannt. Aber in diesem Krieg gibt es nichts,
> gegen das man demonstrieren koennte. Friedensaktivisten
> muessen ihre Kraefte anders einsetzen. Wahrscheinlich ist das
> Wichtigste, was wir tun koennen, unsere Fuersorge fuer die
> Kriegsopfer zu zeigen. Auf diese Weise versuchen wir,
> die menschlichen Werte am Leben zu erhalten."

Einige Wochen vorher schrieb er im Tagebuch:

> "Im Radio wird ein Lied gespielt, in dem es heisst 'Come and
> kill all the Serbs" (Komm und toete alle Serben), ein neuer
> Text fuer die Melodie von 'Lili Marlen'. Rambo ist harmlos
> verglichen mit diesem Lied. Die Kriegslieder sind Teil
> dieser ganzen unglaublichen Kriegsmaschinerie."

Wer ausser deutsch auch englisch kann, muss nicht auf die
Uebersetzung des Tagebuchs warten. Wam schreibt persoenlich
und engagiert; auch, um seinen Kindern zu erklaeren, was ihr
Vater so treibt. Er stellt seine Eindruecke und Erfahrungen
frei am Datennetz zur Verfuegung. Die englischen Texte werden
tagesaktuell in APC und eine Reihe anderer Netze eingespielt.
Wer Wam's Berichte liest, hat einen anderen Eindruck vom
Krieg als aus der Zeitung. Woher er seine Kraft schoepft,
ist ein Stueck weit in seinem Text vom Mai letzten Jahres
(kurz nachdem er in Zagreb angekommen war) enthalten:

– Zitierten Text anzeigen –

Eine deutsche Uebersetzung mit dem Titel "ZAGREB TAGEBUCH
von Wam Kat" ueber den Zeitraum von April bis 1. November
1992 ist bei DIALOG INTERNATIONAL, Postf. 260124 in
Duesseldorf (10 DM plus Porto/Verp/Spende) erhaeltlich.
Einige Mailboxnutzern, die die aktuellen englischen Texte
lesen und ggf auch uebersetzen und weitergeben, halten ein
paar Exemplare zur Weitergabe bereit.

Das Tagebuch ist so aktuell wie es die Telefonverbindungen
von dort unten erlauben. Mit ein bis zwei Tagen Verzoegerung
sind die Texte weltweit verfuegbar. Eine Mailbox steht in
Zagreb, eine in Belgrad und andere sind im Aufbau. Eine
Art Regenbogen-Legion versucht anders zu wirken als Soldaten:
sie setzt sich friedlich und engagiert ein fuer Verstaendigung
(Fremdwort dafuer: Kommunikation); das geschieht gezielt unter
den Bedingungen des Krieges.

> "20. Juli: Simra ist hier, ein 22-jaehriges Maedchen, das
> wochenlang in einem Schutzraum in Sarajewo gelebt hat.
> Wochenlang hat sie mir die schrecklichsten Geschichten
> gefaxt, die sich dort zutrugen. Dann gab es ein langes
> Schweigen, und ich dachte schon, sie sei tot, dann war
> sie ploetzlich hier, gesund und lebendig, ein Geschoepf
> von tiefster Ruhe, doch innerlich ein spruehender Vulkan.
> […] Ihre Heimat ist Australien und sie reist jetzt
> zurueck, um ihre Universitaetsstudien fortzusetzen."

Heinrich von Stephan konnte mehr als zwei Dutzend Sprachen
und sorgte mit der Gruendung des Weltpostvereins dafuer, dass
auch noch Briefverkehr zwischen Laendern moeglich war, zwischen
denen Krieg herrschte. Menschen wie Wam Kat sind die moderne
Entsprechung: sie nutzen Computer und die Datennetze und leben
das neue Menschenrecht auf weltweite, freie und ungehinderte
Information – auch und gerade im Krieg. Ein Dank gebuehrt
neben der Mailbox LINK-ATU in Wien den Mailboxbetreibern von
BIONIC in Bielefeld und ComLink e.V. in Hannover fuer ihre
Unterstuetzung der Arbeit von Wam Kat. Denn leider foerdert
die Bundespost TELEKOM solche Aktivitaeten bislang nicht
und die Kosten insbesondere fuer die internationale
Kommunikation werden von ComLink getragen.
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e.MailPress – die Agentur gegen den Strich      (c) Wau Holland
Weiterverwertung und ungekuerzter Abdruck dieses Textes ist nur
dann frei,  wenn mit Spendenhinweis und Adressen fuer Kontakte:
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Das Zagreb-Tagebuch in elektronischer Form ist copyrightfrei
und auf verschiedenen Netzwerken zu finden. Weiteres erklaert
Ihnen ihr Mailboxteam vor Ort. Sie koennen an der internationalen
Arbeit fuer Frieden, Menschenrechte und Umweltschutz teilhaben
und per Computerpost mit aehnlich engagierten Menschen
konferieren durch Teilnahme am weltweiten APC-Verbund.
Ansprechpartner in Deutschland ist der ComLink e.V., eMail an
SUPPORT@OLN (.zer .comlink.de und .comlink.apc.org). Sackpost:
ComLink e.V, Emil-Meyer-Str 20, D-30165 Hannover. Dort gibt es
fuer 5 DM naehere Infos ueber APC und ComLink auf Papier.
Der ComLink e.V. unterstuetzt die Arbeit und sucht Paten zur
Mitfinanzierung des staendig wachsenden eMail-Verkehrs!
Spenden: PostGiroKto 9967-206 PGA Hamburg BLZ 200 100 20
(Bitte Kennwort ZAMIR angeben!)
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Finanzielle Unterstuetzung fuer Graswurzel-Arbeit in Kroatien
oder BiH bitte senden an Kollektief Rampenplan (atn. Lylette,
Postbox 780, NL 6130 AN Sittard, Niederlande.
Tel. +31-46-524 803, Fax +31-46-516460 oder an Zagrebacka Banka,
Zagreb, AccountNr 2440291594, to Kat, Pieter Jan Herman Fredrik,
Brace Domany 6 6fl nr3, 41000 Zagreb
! Bitte Wam von geplanten/gesandten Spenden benachrichtigen, am
einfachsten per eMail an w@zamir-zg.comlink.de
oder                     w@zamir-zg.comlink.apc.org
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