Neonazis greifen Info-Cafe „Der Winkel“ in Bad Belzigs Innenstadt an / Polizei verstaerkt Praesenz

KRIMINALITaeT: Anschlag auf Auslaendertreff

BAD BELZIG – Unbekannte haben in der Nacht zum gestrigen Donnerstag zwei Scheiben des multikulturellen Begegnungszentrums Info-Cafe „Der Winkel“ in Bad Belzig eingeworfen. Die Taeter beschmierten ausserdem die Fassade des Gebaeudes in der Strasse der Einheit im Zentrum der Kurstadt mit einem angedeuteten Hakenkreuz. Menschen wurden bei dem Anschlag nicht verletzt. Die Polizei sperrte den Tatort gestern Morgen ab. Mitarbeiter der Spurensicherung untersuchten das Info-Cafe. Auch ein Spuerhund war im Einsatz.

„Wir haben noch keine Hinweise auf die Taeter“, sagte Kripo-Chef Lutz Koenig auf Anfrage der MAZ. Man muesse jetzt sehen, wie man den Anschlag einzuordnen habe. „Es koennen Mitglieder der rechtsradikalen Szene sein, aber auch nur Trittbrettfahrer“, erklaerte der Kriminalhauptkommissar. Er bezeichnete die Tat woertlich als „eine Sauerei“. Und der Ermittler sieht einen moeglichen Zusammenhang zu den beiden anderen offensichtlich rechtsradikal motivierten Taten in den zurueckliegenden Tagen. „Das ist nicht auszuschliessen und liegt ja irgendwie auf der Hand“, sagte Koenig. Wie berichtet, hatten erst kuerzlich Unbekannte den Baum der Gleichheit herausgerissen sowie das Mahnmal fuer den in Belzig nach einem Neonaziueberfall verstorbenen Asylbewerber Belaid Bayal geschaendet.

Die juengste Tat hat tiefe Betroffenheit ausgeloest. Marschiert der braune Mob wieder durch Bad Belzig? Das vom Verein Belziger Forum betriebene Cafe ist ein beliebter Treffpunkt fuer die im Flaeming lebenden Auslaender.

„Es ist einfach traurig, was hier passiert ist“, sagte Vereinsmitglied Wam Kat, als er gestern Morgen die Spuren des Anschlags in Augenschein nahm. „Das duerfen wir auf keinen Fall tolerieren“, forderte Kat, der auch Stadtverordneter (Die Linke) ist.

Vereinschefin Ramona Stucki zeigte sich ebenfalls erschuettert. „Das haengt alles irgendwie zusammen“, vermutete sie und spielte auf die anderen Anschlaege an. Ramona Stucki fuehlt sich zudem an die zahlreichen Angriffe aus der Neonaziszene in den Gruendungstagen des Info-Cafes vor zwoelf Jahren erinnert. „Ich hatte gedacht, das sei eigentlich ueberwunden.“

Fuer den gebuertigen Kameruner Jean-Marce Banoho kamen die Anschlaege nicht ueberraschend. „Wir merken schon seit laengerer Zeit, dass es eine latente Form des Rassismus in der Stadt gibt“, sagte er. Banoho ist in der Integrationsarbeit auch an Schulen aktiv und wurde zu Jahresbeginn vom damaligen Bundespraesidenten Horst Koehler fuer sein Engagement ausgezeichnet (die MAZ berichtete).

Buergermeisterin Hannelore Klabunde (parteilos) verurteilte die Tat aufs Schaerfste. „Wir Bad Belziger werden es nicht zulassen, dass rechtsextremes Gedankengut in dieser Stadt Fuss fasst“, erklaerte sie. „Es sind wenige, die hier Aufmerksamkeit erwecken wollen und sich zu diesem niedertraechtigen Verhalten hinreissen lassen“, stellte Klabunde klar und sicherte den in der Stadt lebenden Auslaendern ihre Unterstuetzung zu.

Die stellvertretende Polizeichefin Doreen Koehler kuendigte gestern an, die Polizeipraesenz in der Stadt zu verstaerken. „Wir werden alles daran setzen, dass sich ein solcher Anschlag nicht wiederholt“, sagte sie dieser Zeitung.

Die Info-Cafe-Aktivisten wollen sich in ihrer Arbeit nicht beirren lassen. „Natuerlich machen wir weiter“, sagten Wam Kat und Ramona Stucki. Das Glas werde jetzt ersetzt und das Cafe dann so schnell wie moeglich wieder geoeffnet. „Unsere Fensterscheiben werden zeigen, wie tolerant Bad Belzig wirklich ist“, sagte Wam Kat. (Von Hermann M. Schroeder)

Hintergrund
Der Verein Belziger Forum hat sich 1998 gegruendet. Er betreibt das Info-Cafe „Der Winkel“ in der Strasse der Einheit. In den Anfangsjahren gab es zahlreiche neonazistische Anschlaege auf die Einrichtung. Sie ist ein beliebter Treffpunkt fuer die im Flaeming lebenden Auslaender und Asylbewerber.

Das Afrika-Projekt „Kribi“ an der Krause-Tschetschog-Oberschule gibt es seit drei Jahren. Es wird von dem gebuertigen Kameruner Jean-Marce Banoho und der Franzoesisch-Lehrerin Yvonne Poppe geleitet. hms

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