Potthucke an Spargel

Zum Fruehstueck mal die ganze Pfanne Bratkartoffeln, auf der Arbeit die Stullen und abends die Hasenbrote.

Der Bergmann von frueher ass gerne deftig, aber schlicht buergerlich, das Arme-Leute-Essen eben. Ein typisches Bergmannsessen gab es nicht. Im Topf landete, was man sich leisten konnte. In den gehobenen Restaurants bekamen die Gaeste so etwas nicht serviert.

Die Haute Cuisine war der franzoesischen Kochkunst zugetan, Hausmannskost und Zutaten aus der Region verschmaehten die Spitzenkoeche. Bis die regionale Kueche in den letzten Jahren ihre Renaissance erlebte. Seitdem landet, etwas aufgepeppt, auch wieder Himmel und Erde, Falscher Hase oder Potthucke auf dem Restaurant-Tisch.

Wie bei Olaf Altenhain (49), Kuechenchef und Patron des Landgasthofs „Auf dem Brink“. Doch bevor er loslegt und am Herd ein Gericht mit Potthucke aus Burger Brezeln, Kartoffelteig und Atta-Kaese mit Doerrobst-Sauce, Fruehlingslauch und Wildkraeuter n mit Karamellnuessen zaubert, erklaert er, was diese Potthucke ueberhaupt ist. „Das ist das, was im Topf hockt“, sagt der Chefkoch, „ein Kartoffelgericht aus dem Sauerland.“ Damals war es mal ein Arme-Leute-Essen. Denn auf dem Herd landete nur, was die karge Ackerkrume des Sauerlands hergab – und das waren in erster Linie Kartoffeln.

Olaf Altenhains Gerichte sind von der westfaelischen Henriette Davidis, eine der beruehmtesten deutschen Kochbuchautorin, die auch in Sprockhoevel wirkte, inspiriert. Aber auch von den Landfrauen und von Wam Kat, einem niederlaendischen Politaktivisten und kulinarischen Weltverbesserer. „Und natuerlich von unzaehligen Grossmuettern“, fuegt er hinzu. Er mache aus den traditionellen Gerichten dann was „richtig Abgefahrenes.“ Einzige Bedingung: Alle Zutaten sind bei ihm – wenn nicht anders moeglich – aus der Region, aus dem Pott, dem Sauerland, dem Bergischen, dem Westfaelischen.

„Um da etwas Gutes zu finden, muss man nur vor die Tuer gehen“, betont Altenhain ueberzeugt. Seine Wildkraeuter sammle er auf einer „geheimen Weide“ ganz in der Naehe, wenn er denn dazu kommt. Farbenfroh sieht er ja aus, der Salat, den er mit Sohn Till anrichtet. Nur die Zutaten sind ungewoehnlich. Kornblumen, Hornveilchen, sogar Gaensebluemchen und Brennnesseln landen im Salat. Brennnesseln? „Ja, aber nur die jungen Triebe.“

Die Potthucke verfeinert Altenhain mit einer bergischen, mehr als 200 Jahre alten Spezialitaet: dem Burger Brezel. „Er ist mit suessem Zwieback vergleichbar, wird nur noch in wenigen Backstuben hergestellt und ist noch richtige Handwerkskunst“, betont der Chef, der sich damit wohl nicht ganz der franzoesischen Kueche entziehen kann. Denn das Rezept des Burger Brezels stammt, laut einer lokalen ueberlieferung, von einem verwundeten franzoesischen Soldaten, der 1795 von der Baeckerfamilie Hoesterey gesund gepflegt wurde. Aus Dank gab er das Brezelrezept an die Familie weiter. Der Spitzenkoch leiht sich auch Ideen aus der arabischen Kueche. „Bei dem Gericht nutze ich in einer Salzlauge eingelegte Zitronen, deren Aroma einfach supergut passt“, verraet er.

Keine halbe Stunde spaeter ist die Potthucke angerichtet und was einstmals als Arme-Leute-Essen galt, steht in Altenhains Variante der Haute Cuisine in nichts nach.

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